Artist Statement (english version below)
Ich fotografiere und schreibe. Die Natur ist die Protagonistin meiner Bilder. Ihre Lebendigkeit, Poesie, Düsternis und Schönheit halte ich in meinen Fotografien fest. Seit 2019 fange ich Momente ein, die ich auf meinen täglichen Spaziergängen im Wald oder beim Blick aus dem Fenster und in meinem Garten sehe. Viele meiner Fotografien entstehen in unmittelbarer Umgebung, da ich aufgrund einer oft einschränkenden Erkrankung an vielen Tagen das Haus nicht verlassen kann. Eine meiner Serien trägt deshalb den Titel „Out of my window“. Sie versammelt Impressionen aus der Natur, meinem Garten, dem Wald vor meinem Fenster und dem Himmel über meinem Haus. Ich verwende häufig Flüssigkeiten und Fett auf der Linse. Das schwammige, flirrende Leuchten, die nie stillstehende Bewegung in der Natur kann ich so einfangen, Formen und Farben verschmelzen mit Licht und erzeugen ein weiches Glühen. Dabei schaffe ich eine traumartige, vage Atmosphäre. In Anlehnung an den Begriff „Sfumato“ nenne ich meine Fotografien „Sfumatographien“. Sichtbare Fragmente von Fett, körnige Stellen, Unschärfen und Schmieren sind Teil meiner Arbeit und werden bewusst nicht retuschiert. Mit meinen Fotografien erkunde ich die Grenzbereiche zwischen Sichtbarem, Assoziation und Innenleben. Der durch Fett entstehende Wechsel von Schärfe und Unschärfe intensiviert die Farbwahrnehmung und macht das Besondere eines an sich flüchtigen Moments umso deutlicher sichtbar. Meine Fotografien sollen den Betrachter nicht zum distanzierten Beobachter der Natur machen – sondern zu einem Teil von ihr. Ich möchte keinen Baum abbilden. Ich möchte, dass der Betrachtende fühlt, wie es war, den Baum zu sehen. Dass er das Wesen des Baums, die Idee des Baums, fühlen kann. Meine Texte erweitern die Fotografien um das, was über das Abgebildete hinausgeht. Die Gedichte sind Teil des Gesamtwerks. Sehnen, Werden, Hoffen, Lieben, kurze Momente der Schönheit, der Finsternis, Fürchten, sich selbst finden und verlieren – mit diesen Themen beschäftige ich mich in meinen Texten. Jede Fotografie produziere ich als Unikat, signiere direkt auf der Fotografie und begleite sie durch meinen Text, einem handgeschriebenen Gedicht auf Büttenpapier. Meine Bilder werden meist intuitiv als das verstanden, was sie sind: Die flüchtigen, schönen, wahren, aber auch dunklen Momente in uns und außerhalb von uns. Meine Fotografien sind eine Einladung, sich dem Leben zu öffnen – auch wenn man sich unsicher, haltlos, formlos fühlt.
I photograph and I write. Nature is the protagonist of my images. I capture its vitality, poetry, darkness, and beauty in my photographs. Since 2019 I have been capturing moments I encounter on my daily walks in the woods, or simply by looking out of the window, and in my garden. Many of my photographs are made in the immediate surroundings of my home, because an often limiting illness means that on many days I cannot leave the house. One of my series is therefore titled Out of My Window. It brings together impressions from nature - my garden, the forest beyond my window, and the sky above my house. I often work with liquids and grease on the lens. In this way I can capture the soft, shimmering glow and the ceaseless movement of nature; forms and colours merge with light and produce a gentle radiance. This creates a dreamlike, ambiguous atmosphere. In reference to the term sfumato, I call my photographs “sfumatographs.” Visible traces of grease, grainy passages, blur, and smears are part of my work and are deliberately left unretouched. With my photographs I explore the borderlands between the visible, association, and inner life. The shifts between sharpness and blur created by the grease intensify the perception of colour and make the singular quality of an otherwise fleeting moment all the more vividly apparent. My photographs are not meant to turn the viewer into a detached observer of nature, but into a part of it. I do not want to depict a tree. I want the viewer to feel what it was like to see the tree - to sense the tree’s essence, the idea of the tree. My texts extend the photographs into what lies beyond the depicted image. The poems are part of the work as a whole. Longing, becoming, hoping, loving - brief moments of beauty and of darkness - fear, finding and losing oneself: these are the themes I explore in my writing. I produce each photograph as a unique piece, sign it directly on the print, and accompany it with a text: a handwritten poem on handmade rag paper. My images are often understood intuitively for what they are: fleeting, beautiful, truthful moments - dark as well as luminous - within us and beyond us. My photographs are an invitation to open oneself to life, even when one feels uncertain, unmoored, or formless.
In der Schwebe
An manchen Tagen laufe ich gegen Wände aus Licht. Meine Verwunderung ist endlos und die Luft kann ich teilen wie tiefe Wasser aus Grün und Gold und Granat.
Der Wald hat kein Alter Er ist eine Straße zu einem wilden, ungebändigten Herz
Und im Gesang meines Körpers spiegelt sich die Gegenwart und der Widerhall aller Leichtigkeit dieser Erde.
In Suspension
On certain days I walk into walls of light. My wonder is endless, and I can part the air like deep waters of green and gold and garnet.
The forest has no age. It is a path to a wild, untamed heart.
And in the song of my body the present is reflected, and the echo of all the lightness of this earth.
Ulrike Pichl | @ulrikesabinechrista | mail@ulrikesabinechrista.de